- Künstler*in
 - Micha Ullman
 - Titel
 - 
                  
Abendstern
 - Jahr
 - 1996
 - Kunstform
 - Kunst am Bau, Objektkunst
 - Material
 - Fräsung in Betonplatte
 - Maße
 - Durchmesser 4 cm, Tiefe 2 cm
 - Adresse
 - Stauffenbergstraße 1, 70173 Stuttgart, Mitte
 
Das kleinste Kunstwerk Stuttgarts
Der Abendstern stammt vom 1939 geborenen israelischen Künstler Micha Ullmann. Dieses Werk ist etwas ganz Besonderes: Es gilt als das kleinste Kunstwerk Stuttgarts. 1996 bohrte Ullmann ein winziges Loch in eine bestehende Gehwegplatte an der Ecke Stauffenberg- und Bolzstraße. Die Mini-Maße: zwei Zentimeter tief, vier Zentimeter Durchmesser. Damals übrigens ohne Genehmigung durch die Stadt Stuttgart. 2013 wurde das Werk bei Bauarbeiten kurzzeitig entfernt. 2014 wurde es in Absprache mit dem Künstler an derselben Stelle wieder in den neuen Bodenbelag eingefügt.
Micha Ullman: „Gräbt man ein Loch, erweitert man den Himmel.“
Zur Zeit der Entstehung war der Künstler Professor für Bildhauerei an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart. Sein Professur reichte von 1991 bis 2005. Während dieser Zeit installierte er mehrere mini-kleine Werke an verschiedenen Orten der Stadt. Minimente nennt er sie. Zwei weitere Minimente befinden sich übrigens auf dem Hof von Schloss Solitude und auf dem Pragfriedhof. Sie heißen Halbmond und Mahlzeit.
Was zeichnet Micha Ullmans Werk aus?
Seine Werke bestechen durch Zurückhaltung. Gleichzeitig zeigen sie sich jedoch sehr bestimmt. Nur wer ganz aufmerksam hinschaut, wird die kleine Vertiefung entdecken. Im ganz Kleinen kann hier das ganz Große gefunden werden. Bei Regen füllt sich das Loch wie ein kleines Becken mit Wasser und spiegelt so Himmel und Erde. Und wenn es trocken ist, wird das Loch zur Sonnenuhr. Mit ihrem wandernden Schatten zeigt sie die Zeit bis zum Sonnenuntergang an.
Probiert es aus: Wenn die Sonne scheint, könnt ihr mit der Hand einen Schatten erzeugen und das Kunstwerk so verändern. Wenn es bewölkt ist, könnt ihr das Loch mit etwas Wasser befüllen und darin den Himmeln spiegeln lassen.
Die Interpretationen von Abendstern sind vielfältig: Manche Leute sehen darin einen Spiegel der Zeit. Andere betonen die Positionierung und den Titel. Micha Ullman wählte den Standort bewusst an der Ecke von zwei bestimmten Straßen. Beide wurden nach Widerstandskämpfern gegen das NS-Regime benannt – Claus Schenk Graf von Stauffenberg und Eugen Bolz. Damit drückte der Künstler seine Hochachtung vor den Regimegegnern aus. Hintergrund: Seine eigenen Eltern mussten als deutsche Juden vor den Nationalsozialisten fliehen.